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Geradezu verrückt nach Gold

Goldschmuck ist beliebt. In Asien wächst das Interesse stark, aber auch viele Deutsche kaufen. Größter Goldlieferant ist die Schweiz. Wie lange noch?

"Der ist voller Gold", raunen Banker gelegentlich, wenn sie am Flughafen in Zürich ein Flugzeug beobachten, das sich scheinbar mühsam in die Luft erhebt, um die lange Strecke nach Asien in Angriff zu nehmen. Nicht selten werden die Banker nur ein wenig übertrieben haben.

Denn aus der weltgrößten Drehscheibe des internationalen Goldhandels fließt immer mehr Edelmetall in die Gold begehrenden asiatischen Länder. Alleine 33 Tonnen im Wert von rund einer Milliarde Euro wurden im vergangenen Mai nach Indien gebracht, wo viele Väter traditionell ihre Töchter zur Hochzeit mit Gold ausstatten. Viel Gold fließt auch nach Hongkong und nach Singapur und in die reichen arabischen Emirate. Und auch nach Deutschland: Im Mai waren es gut 6 Tonnen des begehrten Edelmetalls.

Insgesamt ist der Trend eindeutig: Das Gold fließt vom Westen in den Osten. Das Gold, das die Schweiz in ihrer Funktion als Drehscheibe des Handels nach Asien versendet, stammt zu einem erheblichen Teil aus Industrienationen wie Großbritannien, den Vereinigten Staaten oder Italien. Ein wichtiger Lieferant ist auch Chile, das zahlreiche Minen beherbergt. Der Trend in den Osten wird vor allem von der wachsenden Nachfrage nach Goldschmuck getrieben, die nicht nur in Indien und den reichen arabischen Emiraten, sondern auch in China beobachtet werden kann.

Westliche Anleger haben genug

Verkäufer sind unter anderem Kapitalanleger aus dem Westen, die Bestände abgeben. Viele haben Gold vor vielen Jahren günstig gekauft und können heute mit dem Verkauf noch Gewinne erzielen, obgleich der Goldpreis in den vergangenen drei Jahren gefallen ist. Andere verkaufen Gold, das sie auf dem Höhepunkt der Finanzkrise als Absicherung gegen politischen und wirtschaftlichen Zerfall erworben hatten. Damals hatten auch bedeutende Hedgefonds das Edelmetall erworben, die auf steigende Goldpreise hofften. Doch die geschmähten Papierwährungen halten sich unbeeindruckt von den Kassandrarufen: Die von Goldverkäufern in Aussicht gestellte Beschleunigung der Inflationsrate ist bisher ebenso ausgeblieben wie ein Zerfall des Euro.

Die neuen Käufer aus dem Osten könnten die Gewichte im Geschäft mit dem Edelmetall verändern. So kann die Schweiz nicht sicher sein, ihre führende Stellung im Goldhandel zu behalten. Die rasch wachsende Nachfrage nach Gold in Asien verleitet den Finanzstandort Singapur, sich noch stärker als Handelsplatz für Edelmetalle zu positionieren. Als jüngsten Schritt bietet die Börse in Singapur nun erstmals auf der Welt Handelskontrakte auf 25 Kilo Gold an, die physisch ausgeliefert werden. Das Paket im Wert von rund einer Million Dollar zielt vor allem auf Schmuckhersteller in Asien und Regionalbanken. Die Kontrakte werden in Dollar gehandelt und unterscheiden sich auch darüber von den Kilobarren, die die Börse Schanghai in chinesischen Renminbi anbietet.

Über die Aussichten des Goldpreises gehen die Ansichten auseinander. In den vergangenen drei Jahren ist der Preis für eine Feinunze (31 Gramm) von mehr als 1900 auf nunmehr rund 1300 Dollar gefallen. Viele Analysten rechnen derweil aber mit einem weiteren Preisverfall von rund 5 Prozent für das Edelmetall bis zum Ende des nächsten Quartals. Es gibt auch Prognosen großer Banken, die einen Rückgang des Preises bis auf 1000 Dollar je Feinunze für möglich halten. Profitieren könnte der Preis, falls sich in den kommenden Monaten, von den Vereinigten Staaten ausgehend, die Erwartung einer allmählich zunehmenden Geldentwertung auf den internationalen Märkten verbreiten sollte. Dann könnte Gold auch für westliche Anleger interessanter werden.

Asien steht heute schon für mehr als 70 Prozent des gehandelten physischen Goldes als Investment. Weltweit hat sich die Nachfrage zwischen den Jahren 2009 und 2013 auf 1377 Tonnen mehr als verdoppelt. Der Finanzplatz Singapur sieht sich im Zentrum des wachsenden Goldmarktes zwischen China und Indien. Für Eddi Listori, Chef des Devisengeschäftes bei der neuseeländischen Bank ANZ, ist Asien „die größte Zone für den physischen Handel von Gold, und Singapur liegt strategisch genau richtig“. Nicht nur wegen der hohen Nachfrage, sondern auch mit Blick auf die Förderung: Aus den umliegenden Ländern Australien, Indonesien und Papua Neuguinea stammen rund 16 Prozent der weltweiten Lieferungen aus den dortigen Minen.

Und auch schon die Hälfte des gebrauchten Goldes stammt aus Asien. „Der Weltmarkt für Gold verlagert sich weiter von West nach Ost. Singapurs Ambitionen, ein führender Gold-Handelsplatz zu werden, spiegelt diese Entwicklung. Die Einführung des Handelskontraktes bildet die Grundlage für die Entwicklung des Goldmarktes in Südostasien“, sagte Albert Cheng, Fernost-Direktor des Branchenverbandes World Gold Council (WGC).

Um seine Pläne zu erfüllen, wählt der straff geführte Stadtstaat einen schrittweisen, genau vorbereiteten Ansatz: Zunächst sattelt der Finanzplatz auf eine seit Jahren entwickelte Plattform für die Beratung von Vermögenden auf. Mit einer Anlagesumme von deutlich mehr als 500 Milliarden Dollar nimmt die Tropeninsel in diesem Bereich Platz eins in Asien ein. Den Handel mit Rohstoffen hatte die Regierung schon vor Jahren als wichtiges Wachstumsfeld definiert. Im Jahr 2012 strich sie dann die Mehrwertsteuer auf Edelmetalle, da sie vor allem als Finanzanlage betrachtet werden. Zum Vergleich: In Indien sind inzwischen 10 Prozent Goldsteuer fällig. Schließlich gibt es in Singapur auch keine Notwendigkeit, Einfuhr und Ausfuhr von Edelmetallen zu deklarieren.

Singapur wird zum Goldtresor der Welt.

Und gelagert werden können sie im Singapore Freeport, einem riesigen Safe von 22.000 Quadratmetern in der Freihandelszone am Flughafen, dem Freeport in der Schweiz nachempfunden. Nun folgen die nächsten Schritte: Am heutigen Donnerstag eröffnet das Schweizer Unternehmen Metalor Technologies eine Schmelze. Bis zum Jahr 2016 sollen hier 150 Tonnen Gold jährlich geschmolzen werden.

„Was die Branche nun am meisten braucht, ist ein lebendiger und widerstandsfähiger Marktplatz im Herzen Asiens“, wirbt Singapurs Handelsminister Lim Hng Kiang für die nächsten Schritte. Im September sollen die ersten Kontrakte für die 25-Kilo-Stücke über die Börse gehandelt werden. Das Gold wird in Singapur physisch geliefert.

Beteiligt am Aufbau sind neben der Singapore Exchange (SGX) der WGC, die Singapurer Bullion Markt Vereinigung (SBMA) und die vier Geschäftsbanken JP Morgan, Scotia Bank, Standard Bank und Standard Chartered. Das wichtigste Ziel dürfte aus Sicht der Marktteilnehmer sein, einen fairen Preis festzustellen. „Bislang hatten wir sehr stark differierende Preise, das führte zu Beschwerden“, sagt Ng Cheng Thye, Vorsitzender der SBMA. Zugleich ist der nun geplante Future auf Gold ein Testballon: „Wenn wir ein Interesse im Markt verspüren, sind wir jederzeit bereit, auch Produkte für kleinere Mengen aufzulegen“, sagt Lily Chia, Chefin der Produktentwicklung der SGX.

Christoph Hein ist Wirtschaftskorrespondent für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" in Asien.

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