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Goldfixing-Skandal: Käufer & Verkäufer setzen Preis fest!

Außerhalb einer kommunistischen Utopie ist ein Preis kein Abstraktum. Ebenso wenig ist es der Londoner Goldfix…
 
Noch mehr Aufregung um das Londoner Goldfixing, bei dem täglich der weltweite Bezugswert für die Gold- und Silberpreise festgesetzt wird, schreibt Adrian Ash von BullionVault.

Es ist kein komplizierter Vorgang, wie die Vertreter der am London Fixing Ltd beteiligten Banken berichten. Da sich der Spotpreis für Gold oder Silber ständig auf und ab bewegt, erklären sich einige wenige Banken dazu bereit, zu einer bestimmten Tageszeit Aufträge ihrer Kunden entgegenzunehmen, was als Fix bezeichnet wird. Ziel dabei ist es, einen einzigen Preis zu finden, der zu diesem Punkt das Handelsvolumen maximiert, indem Angebote und Nachfragen soweit wie möglich aufeinandertreffen.

Die teilnehmenden Banken beziehen sich dabei auf die Auftragsbücher ihrer Kunden, nähern sich einander an und einigen sich schließlich auf einen Preis. Dieser Vorgang kann innerhalb von wenigen Sekunden abgeschlossen sein, zuweilen aber auch mehrere Stunden dauern (wie am sogenannten „Schwarzen Montag“ in 1987). Dank moderner Technologie wie Telefonkonferenz, können die Kunden der Bank heutzutage auch mithören und ihre Aufträge entsprechend abändern, solange das Goldfixing läuft. Und während der ganzen Zeit können beide Parteien, die Kunden sowie die beteiligten Banken, weiterhin handeln, sowohl an der Börse, als auch an den Spot- und ETF-Märkten.

Nun griff Bloomberg eine wissenschaftliche Arbeit vom September auf. Darin steht, dass es beim Handel von Gold-Futures und Gold-ETFs (börsennotierte Goldfonds) so scheint, als ob der Fixpreis bereits im Voraus „bekannt“ wäre, also noch bevor er veröffentlicht wird und erkennbar ist, in welche Richtung der Goldpreis geht.

Wie schrecklich! Dabei handelt es sich sicherlich um etwas sehr schlimmes, oder? Denn die Märkte sollten doch erst nach Veröffentlichung des Londoner Goldfixings reagieren und nicht die Richtung vorschreiben, oder? Zumindest sieht es momentan die Mehrheit so, wenn sie das Wort „Bezugswert“ hört.

Aber das ist der falsche Ansatz. Denn der Fixpreis kommt aufgrund von echten Käufen und Verkäufen zustande. Er ist das Ergebnis von Handelstätigkeiten (immerhin geht es nach wie vor um einen Preis), und diese beinhalten auch die Handelstätigkeiten auf den entsprechenden Derivaten-Märkten, welche die Akademiker analysierten.

Was die vermeintlichen „Lecks“ angeht, so fließen die Information in Wirklichkeit in die andere Richtung. Es sind die Käufe und Verkäufe von physischem Gold, Futures und ETFs, die den Fixpreis bestimmen. Und nicht umgekehrt.

Aber das scheint keine Rolle zu spielen. Das Londoner Goldfixing soll nun genau untersucht werden. Womöglich werden massive Veränderungen folgen. Der Bullenmarkt dominierte während der weltweiten Finanzkrise. Aber nun wird versucht zu verhindern, dass das, was bereits geschehen ist, noch einmal geschieht. Das ist bedauerlich. Denn außerhalb einer kommunistischen Utopie ist ein Preis keine abstrakte Perfektion. Es ist das Ergebnis von Hunderten, Tausenden und Millionen von Kauf- und Verkaufsentscheidungen. Und jeder Beteiligte hat ein begründetes Interesse. Käufer wollen niedrigere Preise. Verkäufer wollen mehr. Der Preis entsteht dort, wo sie sich treffen.

Und das ist es auch, was auf den Londoner Goldfix zutrifft.

Andrew Caminschi und Richard Heaney von der University of Western Australia schreiben in ihrer Forschungsarbeit, auf die sich die derzeitige Debatte bezieht, von einer Anhäufung von Handelsgeschäften unmittelbar nach Beginn des Fixings.

Dies ist nichts wirklich Neues. Allerdings schlussfolgern die Autoren daraus die Ausnutzung von Insiderhandel, indem Informationen aus dem Fixing an die öffentlichen Märkte durchsickern. Bei ihrer Untersuchung „Fixing a Leaky Fixing: Short-Term Market Reactions to the London P.M. Gold Price Fixing“ beziehen sie sich auf zweierlei Goldderivate – die Terminkontrakte an der Comex und den SPDR Gold Trust.

Aufgrund dieser Verdachtsmomente haben nun die Behörden die Ermittlungen aufgenommen. Neben der britischen Finanzdienstleistungsaufsicht untersucht nun auch die deutsche BaFin das Vorgehen der Banken bei der Preisermittlung.

Natürlich ist es gut für die beteiligten Banken sowie alle Marktakteure, die sich auf diesen Tagespreis beziehen und damit handeln, dass dieser „Benchmark“ und seine Festsetzung untersucht und für rechtens erklärt werden. Das Goldfixing fand zumindest seit 1907 an fast jedem Arbeitstag statt. Und seit 1919 gibt es täglich auch eine formelle Erklärung zum veröffentlichten Preis. Es handelt sich um einen Prozess der Preisfindung. Die endgültige Zahl ist das Resultat von Handelsaktivitäten – und nicht von sogenanntem „Front Running“ aufgrund von unzulässigem Insiderwissen.

Letztendlich handelt es sich bei dem beim Londoner Fixing festgesetzten Goldpreis um einen Bezugswert für den Markt, der einfach auf zeitsparende Art und Weise seine Aufgabe erfüllt.

Artikel übersetzt und bearbeitet von Steffen Grosshauser.

Adrian Ash ist Head of Research / Leiter der Forschungsabteilung bei BullionVault, der weltweit führenden Handelsplattform für physische Gold- und Silberbarren. Zuvor war er Redaktionsleiter bei Fleet Street Publications und City-Korrespondent für das Daily Reckoning. Er ist u.a. regelmäßiger Autor für Forbes und BBC. Außerdem ist seine Meinung als Goldmarkt-Experte bei renommierten Medien und Finanzdienstleistern wie der Financial Times, The Economist, Bloomberg und dem Stern gefragt.

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