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Indiens Importbeschränkungen für Gold

Kapitalverkehrskontrollen wie Indiens Importkontrollen bei Gold stellen ein Symptom dar, nicht ein Heilmittel…

Was gerade in Indien mit Goldimporten passiert, ist nichts Neues, schreibt Miguel Perez-Santalla von BullionVault.

Wir haben dies immer wieder bei in Schwierigkeiten befindlichen Volkswirtschaften gesehen. Zuflüsse von Gold werden gestoppt, wodurch versucht wird, Kapitalabflüsse zu verhindern, was einer Devisenkontrolle entspricht. Dieser Versuch, Währungsschwankungen unter Kontrolle zu bringen, ist sehr geläufig, wenn eine Regierung mit Problemen konfrontiert ist wie derzeit die indische. Im Grunde sorgen sie jedoch für noch stärker lähmende Bedingungen als die, die sie zu verbessern gedenken. Und damit es keine Missverständnisse gibt: Die Kontrolle von Goldzuflüssen ist immer zugleich auch eine Devisenkontrolle.

Wann immer Menschen kein Vertrauen in ihre Regierung haben, wird Gold als sicherer Hafen betrachtet. Das war schon immer so und wird immer so bleiben. Kein Vertrauen in seine Regierung zu haben, bedeutet nicht nur, unsicher zu sein, ob sie ihre Aufgaben gut verrichtet, sondern auch Zweifel daran zu haben, dass die Regierung im Interesse ihrer Bürger handelt. Und das beginnt damit, dass wirtschaftliche Freiheit ermöglicht und der Wert der Währung verteidigt wird.

Wie sehen diese Kontrollen aus, die kürzlich in Indien gegenüber Gold eingeführt wurden?

•    Kredite für physisches Gold für Kunden wurden eingeschränkt
•    Die Einfuhrsteuer auf Gold und Silber wurde auf 10% erhöht
•    Gold kann nur noch von Schmuck- und Goldhändlern gekauft werden, um die Schmuckindustrie zu unterstützen
•    Gold-Importeure müssen sicherstellen, dass 20% des importierten Golds danach wieder in Produktform exportiert werden

Seltsamerweise sind aber sowohl die indische Notenbank als auch die Regierung so sehr  mit der Zahlungsbilanz beschäftigt, dass sie ihre wichtigste Aufgabe vernachlässigen. Diese besteht nicht darin, den Abfluss von Kapital zu kontrollieren, sondern vielmehr darin, den Kapitalzufluss zu erhöhen. Ein freier Handel, vorausgesetzt, dass er beide Richtungen einschließt, stellt ein Gleichgewicht her, von dem alle Beteiligten profitieren.

Indiens Finanzminister Palaniappan Chidambaram versucht zwar, genau das zu tun, aber in der Zwischenzeit schaden die eingeführten Gesetze einem der wichtigsten Industriezweige Indiens, dem Goldhandel. Schätzungen variieren, aber manche gehen davon aus, dass bis zu einer halben Million Arbeitsplätze in Gefahr sind, sollten die Kontrollmaßnahmen weiterhin bestehen bleiben. Dies wird die Menschen in dieser Branche dazu zwingen, sich nach anderen Lösungen umzusehen.

Der Versuch, die regulatorischen Maßnahmen der Regierung zu deuten, sorgte dafür, dass die ausländischen Investitionen in Indien im letzten Jahr massiv zurückgingen, während die Investitionsausgaben im Inland in Zukunft noch weiter fallen könnten. Denn wie es so üblich ist, wenn ein Land den Versuch unternimmt, Unternehmen zu kontrollieren, wandern die Unternehmen ab.

Yusuf Hamied, Vorsitzender des Pharma-Unternehmens Cipla, sagte kürzlich in einem Interview gegenüber der indischen Wirtschaftszeitung The Business Standard, dass aufgrund Indiens unberechenbarer Steuerregelungen „alle großen indischen Unternehmen ins Ausland abwandern. Für uns ist nun die Zeit gekommen, uns von Indien zu verabschieden.“

Warum nicht Gold die Schuld daran geben? Zwischen 2011 und 2012 stiegen Indiens Goldimporte um nahezu 50% auf schätzungsweise 57,5 Mrd. USD. Natürlich wirkt sich dies auf das Leistungsbilanzdefizit aus, worüber sich die Regierung Gedanken machen sollte. Aber zu versuchen, die Lücke durch Einschränkungen des Gold-Flusses zu schließen, ist der falsche Weg.

Was passiert, wenn Regierungen Beschränkungen auferlegen, ist, dass Straftaten zunehmen. Durch den Einfuhrzoll für Gold in Höhe von 10% erhöht sich auch der Gewinn für nach Indien geschmuggeltes Gold. Obwohl ein Teil des geschmuggelten Edelmetalls von den Behörden abgefangen wird, gelangt der Großteil über dunkle Kanäle in das Land, wodurch die Regierung massive Einnahmeverluste erleidet. Zehn Prozent sind einfach zu hoch, um von der indischen Bevölkerung und dem Markt, für den das Gold bestimmt ist, geduldet zu werden.      

Ein kürzlich erschienener Artikel von Bloomberg zeigt auf, wie Banden von Goldschmugglern aus dem Nahen Osten neuerdings ebenfalls mitmischen. Um ihre Geschäfte am Laufen zu halten, sind einige indische Juweliere bereit, von jedem zu kaufen, der ihnen Gold zu günstigeren Preisen beschaffen kann. Andernfalls können Sie nur vom Altgold leben, das sie vom Markt erhalten.

Banken und Händler stoppten im August die Einfuhr von Gold, nachdem die Zentralbank die Menge der eingehenden Lieferungen mit der Menge der Weiterausfuhr verknüpften. Von daher wurde die Beschaffung von Gold sehr schwierig. Aber der jüngste Währungscrash der Rupie um 18% hat dafür gesorgt, dass mehr Inder ihr Gold gegen Bargeld eintauschten, da sich das Land durch die steigende Finanzkrise außerdem mit einer „Kreditklemme“ konfrontiert sieht. Und somit hat Gold, das von der Regierung als unangemessene Anlage betrachtet wird, wieder einmal zahlreichen Menschen geholfen, indem dadurch liquide Mittel zur Verfügung gestellt wurden, als diese benötigt wurden.

Wirkt sich das auf den externen Goldmarkt aus? Die Antwort lautet bislang: nur sehr wenig. Der Markt in China wächst unaufhörlich, und die Goldnachfrage aus China könnte die aus Indien als weltweit größter Goldverbraucher  schon bald ablösen. Auch ist die Nachfrage nach Goldmünzen weltweit sehr stark. Aber die indische Fest- und Hochzeitsperiode, allen voran das Diwali-Fest im November, bei dem traditionell die Nachfrage massiv steigt, wird in diesem Jahr wohl weitaus weniger Importe verzeichnen - zumindest über offizielle Kanäle.

Natürlich wird Gold immer noch da fließen, wo es benötigt wird. Die von der Regierung verhängten Kontrollen haben bislang nur bedingt Investoren abgehalten.

Man kann sehr leicht den Eindruck gewinnen, das die Regierung nicht realisiert, worauf sie sich konzentrieren sollte. Die Wachstumsrate von Indiens Bruttoinlandsprodukt ist seit 2011 rückläufig und sank von dem damaligen Hoch von 9,3% auf den derzeitigen Stand von 4,4%. Kapitalabflüsse, das Misstrauen gegenüber der Regierung und deren Einschränkungen sowie das Unvermögen, neue ausländische Unternehmen an Land zu ziehen, sind die Hauptursachen für die Probleme der Regierung. Wenn sich das Geschäftsumfeld verbessern würde, würde auch die Wirtschaft wieder stärker wachsen. Und die Menschen würden selbst auch wieder in ihr eigenes Land investieren.    

Im aktuellen Umfeld, in der die Industrie gedrosselt wird und unfähig ist, innerhalb Indiens zu wachsen, muss man, sowohl was das Vertrauen als auch das Bruttoinlandsprodukt betrifft, wohl leider mit weiteren Rückgängen rechnen. Sollte keine Kursänderung eingeschlagen werden, muss dies unweigerlich zu einer wirtschaftlichen Katastrophe führen wie der, mit der momentan Argentinien und weitere abgeschottete Märkte zu kämpfen haben.

In einem Land wie Indien, dass bei Gold genauso wie bei Energie von Importen abhängig ist, kann es schwierig sein, seine Zahlungsbilanz in den schwarzen Zahlen zu halten. Jedoch gibt es genügend Arbeitskräfte, um die diesbezüglichen Schwierigkeiten auszugleichen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Rahmenbedingungen verbessert werden, so dass Unternehmen wie Cipla nicht abwandern, sondern stattdessen ihre Geschäfte im Inland weiter ausbauen. Ohne Änderung der Politik ist es auch unwahrscheinlich, dass Investoren aus dem Ausland zurückkommen, nachdem Indien nun auch von Goldman Sachs herabgestuft wurde, die ihren Anlegern dazu riet, in diesem Markt sehr selektiv vorzugehen.
   
Es ist besser, eine zumutbare Einfuhrsteuer zu haben und Unternehmen agieren zu lassen, wodurch die Regierung Erträge erwirtschaftet, als zu versuchen, den Goldfluss durch exorbitante Zölle und Devisenkontrollen zu unterdrücken. Dem freien Zufluss von Gold einen Riegel vorzuschieben, ist ein schlechtes Symptom für die wirtschaftlichen Probleme Indiens. Es kann kein Heilmittel sein.

Artikel übersetzt und bearbeitet von Steffen Grosshauser.

Miguel Perez-Santalla ist ehemaliger Vize-Präsident von BullionVault in den USA, der weltweit führenden Handelsplattform für physische Gold- und Silberbarren. Er hat 30 Jahren Erfahrungen im Edelmetall-Geschäft, ist regelmäßiger Referent bei Branchenveranstaltungen und war zuvor unter anderem für das internationale Edelmetallunternehmen Heraeus tätig.    

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